black

In einem eigens für die Black Box des brut angefertigten kinetic space nimmt black das Publikum mit auf eine Reise, die den verdunkelten Raum einerseits als Enge erfahrbar macht und andererseits die Sinne in eine (möglicherweise zukünftige) licht- und geräuschlose Schwärze des Weltraums eintauchen lässt. Inspirationen für die Arbeit sind Erfahrungen von Höhlenforscher*innen und die Milleniums-Simulation des Weltalls. In Rahmen eines Höhlenbesuchs und eines Workshops mit einer Expertin wurde das Team von black mit den realen Erfahrungen professioneller Höhlenforschung vertraut gemacht.
Eine speziell für die Abmessungen der Black Box des brut angefertigte bewegliche Raumkonstruktion beeinflusst von Beginn an den Probenprozess, die körperlichen, choreografischen und dramaturgischen Abläufe. Diese dienen der Manipulation dieses kinetic space und bewirken eine Gesamtbewegung räumlicher Veränderung von dunkler Enge hin zu geräuschloser, schwarzer Weite. Das Publikum wird eingeladen direkt in dieses Raumgeschehen einzutauchen.

Extinct Choreography

KulturQuartier Seestadt, Am-Ostrom-Park 11, 1220 Wien
5 Mintuen zu Fuß von Endstation U2 Seestadt
Premiere: 9. Dezember 2022, 20:00 Uhr
Weitere Aufführungen 10., 11., 12. Dezember 2022, jeweils 20:00
12. Dezember: Party & Line Dance Special!
Tickets: https://ntry.at/extinctchoreography

Extinct Choreography ist eine Tanz-Performance für vier Performer*innen, die speziell für einen neuen Performance-Raum in der Seestadt Aspern Wien entwickelt wurde.
Im Souterrain eines Neubaus, sozusagen auf Augenhöhe mit jenen unter der Seestadt-Oberfläche entdeckten, mittlerweile verfrachteten Ausgrabungsfunden, wird in Extinct Choreography in einer rohen Betonhalle ein Kontext von körperlichen und räumlichen Bezügen zu den Begriffen „Höhle“, „aufrechter Gang“ und „verlorene Gesten“ entworfen.
Inspiration für das choreografische Material sind Vorlagen plastischer Rekonstruktionen von Frühmenschen aus dem Bereich der zeitgenössischen Archäologie mit besonderem Augenmerk auf die Evolution der Hand.

Eine Gruppe von Vertrauten begibt sich auf die Suche nach einer „ursprünglichen“ körperlichen Qualität, die dem Hantieren mit stilisierten Werkzeugen und Instrumenten, dem Gehen auf Händen und Füßen oder dem Tragen von Behältnissen und Menschen innewohnt. In fragiler Balance und schwindelnder Höhe treten die Körper in Resonanz zum prekären Schutzraum und zu einer prägnanten Sound Installation. Die Choreografie entsteht aus dem engen Zusammenwirken individueller Bewegungsmaterialien, die die Performer*innen einbringen. Im Untergrund, am Stadtrand.

 
 
 
Essay Extinct Choreography von Lisa Moravec

Giotto's Corridor

Ausgangspunkt des Projekts ist die Auseinandersetzung mit den Ursprüngen perspektivischer Darstellungen in der Malerei anhand des Werks des legendären italienischen Malers Giotto. Wie lassen sich damalige Methoden tiefenillusionistische Wirkungen zu erzeugen auf eine zeitgenössische Kunstproduktion an der Schnittstelle von Choreografie und videomedialer Intervention übertragen?
Als entscheidender Wegbereiter der italienischen Renaissance gilt der aus der Toskana stammende Maler und Architekt Giotto di Bondone (ca.1276-1337), auch bekannt als Giotto. Während für die herkömmliche Malerei zweidimensionale Figuren charakteristisch waren, die vor einem mit Symbolen dekorierten flächigen Hintergrund angeordnet waren, stellte Giotto plastisch modellierte Individuen in einen perspektivischen Raum, die zueinander Beziehungen unterhalten. Er gestaltete auch die ersten ernsthaften Versuche die perspektivische Verkürzung in Landschaften und Gebäudedarstellungen zu nutzen. Die Leistung Giottos ist in seiner Zeit einzigartig; erst zwei Generationen später konnten Künstler der Frührenaissance an diese Entwicklung anknüpfen.
Die verschiedenen Ansätze zur Entwicklung der Perspektive von künstlerischer Seite her wurden von professionellen Mathematikern übernommen und erst im Lauf der Zeit zu einer axiomatisch festlegbaren Geometrie entwickelt. Ihr Ursprung waren aber künstlerische Problemstellungen! Entscheidend prägte diese Phase der Kunst auch das politische und wirtschaftliche Weltbild des sogenannten Westens. Es wurden die Parameter eines zukünftigen „Sehens, Darstellens und Fabrizierens“ gelegt, die heute als selbstverständlich von der ersten Schulklasse an als „Bildungsstandards“ vermittelt werden.
 
Die künstlerischen Vorarbeiten Giottos zur Entwicklung der Linearperspektive in der Malerei suggerieren eine bizarre Un-Logik in der Konstruktion divergenter und konvergenter Projektionslinien hinsichtlich der Verzerrungen räumlicher Strukturen. Das analytische Wissen um die Gesetze der projektiven Geometrie war noch nicht ausgefeilt (provisorische Perspektive).
Daraus ergibt sich das Leitthema dieser Arbeit: Welche Wirkkraft übt ein visueller Sog in verzerrte Tiefen auf die Körper, auf Berührungen und auf Aktionen mit stofflichen Materialien aus? – Oder setzt der im entleerten Raum ausgesetzte Körper den Flow an Bildern und Täuschungen erst in Gang? Wie ordnet perspektivisches Sehen den Körper in Bewegung ein: physisch, emotional, mit Deutungen aufladend?
In engem Dialog mit den individuellen somatischen Qualitäten der Performer*innen entwickelt sich eine Dramaturgie von bewegtem Körper und Körperabbild innerhalb eines instabilen Raumgefüges.
 
In Giotto’s Corridor wurden in der Zusammenarbeit von Georg Blaschke mit dem Medienkünstler Jan Machacek vollkommen neuartige Gestaltungsprinzpien an der Schnittstelle von Körperperformance und videomedialer Intervention entwickelt.

Verwilderung

Der Wiener Choreograf Georg Blaschke und der bildende Künstler Christian Kosmas Mayer, Austrian Outstanding Artist Award Winner 2020, laden ein zu einem performativen Spaziergang im neuen Stadterweiterungsgebiet Seestadt Aspern. Sie begeben sich dabei mit dem Publikum auf Spuren aus verschiedenen Zeiten, die sich mit diesem Ort verbinden lassen – von zukünftigen Bauprojekten bis zurück zur berühmten Schlacht von Aspern-Essling im Jahr 1809, Napoleons erster militärischer Niederlage. Musikalisch begleitet wird die Aktion vom Klangkünstler Christian Schröder.
Die Künstler haben erstmals im Rahmen von mumok moves, einer Kooperation zwischen ImPulsTanz und dem mumok – Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien – zusammengearbeitet.
 
Ein dramaturgisch inszenierter Weg führt vom neuen Zentrum der Seestadt rund um das Holzhochhaus durch inszenierte Architektur- und Naturlandschaft weiter über Brachland, Relikte der alten Flugpisten, durch ein Gedenkwäldchen und über offene Felder um schließlich beim sogenannten Schüttkasten zu enden.
Der Schüttkasten – vormals ein Getreidespeicher – steht heute wie ein Monument einer vergangenen Epoche in einer von neuen Kleinsiedlungen durchdrungenen und von Kultur- und Verkehrsplanung vergessenen Zone. Er diente damals den Franzosen zur Verschanzung vor dem Angriff der Österreicher. Heute beherbergt ein kleiner Teil des Gebäudes ein ehrenamtlich geführtes Museum, das an die berühmte Schlacht von damals erinnert und als Ort selbst auch irgendwie aus der Zeit gefallen scheint.
Entlang des Weges finden einzelne performative Interventionen statt in welchen textliche Ebenen mit körperlichen und sinnlichen Wahrnehmungen verwoben werden. – Aus dem Schutz des Tageslichts und der Skyline begeben wir uns in die gespenstische Dämmerung vergessener, noch oder wieder verwilderter Zonen.
 
Die Veranstaltung findet in deutscher Sprache statt.
Dauer: ca. 75 Minuten

ani_male

In ihrer dritten gemeinsamen Arbeit beschäftigen sich der Choreograf Georg Blaschke und der Medienkünstler Jan Machacek mit dem männlichen Körper und seinem Hang zur tierischen Fortbewegungsart.
Der wechselseitige Dialog von animierten Bildern mit dem realen Körper und Texturen wie Haut, Fell, Leder und Haar lässt ein Display von Körperverfremdungen entstehen, das Fragen nach Natürlichkeit, Funktionalität und Klischee im Hinblick auf Mann_Tierdarstellungen aufwirft.
Choreografie dient als Vehikel eines Übergangs zum Anders_artigen, das fassbar sein könnte, aber durch den voyeuristischen Blick auf Distanz gehalten werdenmuss.
Inspirationsquellen der Arbeit sind die Schrift Gehen – Laufen – Hüpfen – Die angeborene Fortbewegung des Menschen nach Dr. Max Thun-Hohenstein (1887 – 1935), die Objektcollage Figure humaine comparée avec celle du singe (1995) von Daniel Spoerri (aus der Serie: Carnaval des Animaux) und der Essay Tier werden von Teresa Präauer.
Der Performance ani_male liegt eine spezifische Körperpraxis zugrunde, die alle beteiligten Künste von Anfang an miteinschloss. ani_male ist gleichzeitig Prozess und Resultat.
 

 

 

Gras

In mehreren Serien von Aktionen mit jeweils klar bestimmtem Ausgangsszenario setzt sich der Performer Georg Blaschke dem Auge des Fotografen Laurent Ziegler aus. Der Körper mutiert zur inneren wie äußeren Landschaft, zum Boden für seriell inszenierte Überlagerungen mit organischen Substanzen, die im sinnlichen Erleben Wahrnehmungsgrenzen erfahrbar machen und formal zu Erweiterungen des Körperbildes führen. Ein intimer Tanz am Horizont von Fokus und Verschwommenheit.
Als Resultat entstehen 12 überlebensgroße, freistehende Abbildungen, die in einen installativen räumlichen Zusammenhang gesetzt werden. Hinter den Abbildungen äußerer Erscheinungsformen treten jene Schichten zutage, die sich dem ersten Blick und vertrauter Analyse entziehen. Gras lädt das Publikum dazu ein, in die suggestive Kraft der Bilder und deren spezifischer räumlicher Verortung einzutauchen und Grenzerfahrungen nachzuspüren, angehalten in der Zeit.
Die Bilder wurden in einer Serie von 12 C4-Prints in 110 × 165 cm (kaschiert, limitierte Auflage, 2013) erstellt. Für ihre Platzierung in Form von zwei beidseitig einsichtigen Triptychons wurden sechs Metallstellwände produziert. Die Installation wird dem jeweiligen Ausstellungsort angepasst und wurde bisher präsentiert bei:
ImPulsTanz – Vienna International Dance Festival #30, Theater Odeon Wien
9. Burgenländische Tanztage, OHO Galerie, Offenes Haus Oberwart
„One of the greatest challenges in today’s culture, urgently necessary from a political point of view, is how to bring analytical skills to bear on the perceptual physiological lan­guage of the image, an event and not an object — constantly changing, living and growing.“
Bill Viola, Unseen Images, 1992
 
my horizon
so close and lost
in the echo of my senses
 
a fierce desire not
to lose touch
with his objective eye
 
Ausstellungskatalog  / Gras – gestaltet von Agnes Steiner

Bodies and Accidents

„[…] Blaschke und Machacek wollen ihr Publikum am Aufbau einer Komposition teilhaben lassen, die sich vom schattenhaften Doppelgänger bis hin zum komplexen Diskurs über das Verhältnis zwischen der digitalen Bildmaschine und dem lebendigen Körper in seiner Performance, in seinen Abbildern und deren Umdeutung sowie der Übersetzung des Analogen in die Geisterräume der technischen Projektion spannt. […]
(Helmut Ploebst, corpusweb.net)
 
Choreograf Georg Blaschke und Medienkünstler Jan Machacek machen das Werk des britischen Jahrhundertmalers Francis Bacon (1909 – 1992) zum Mittelpunkt ihrer neuen gemeinsamen Arbeit. Der Körper bildet auch hier das zentrale Motiv der Auseinandersetzung.
 
Whether the distortions which I think sometimes bring the image over more violently are damage is a very questionable idea. I don’t think it is damage. One brings the sensation and the feeling of life over the only way one can.
(Francis Bacon, Interview with David Sylvester)
 
Jenseits der musealen Rezeption der Kunstwerke eröffnet Bodies and Accidents mit den Mitteln der Performance und Videokunst eine neue Sicht auf die Gemälde, die Bacon als Spiegel menschlicher Existenz erschuf. Bilder vom Körper, gekennzeichnet von Deformation, Ausgesetztheit und großer sinnlicher Intensität.
Im wechselseitigen Dialog der Körperaktionen mit dem projizierten und reproduzierbaren Videobild reagiert Bodies and Accidents auf Bacons expressive Kraft und auf signifikante Stilmittel und Konzepte der Bildraumgestaltung in seiner Malerei.
 
Ich zeichne nicht. Ich beginne mit Klecksen aller Art. Und warte auf den von mir so genannten „Unfall“: den Klecks, der das Bild auslöst. Der Klecks ist der Unfall. Hält man sich aber an den Unfall und glaubt ihn zu verstehen, dann bleibt man bei der Illustration, da der Klecks immer eine Ähnlichkeit mit etwas aufweist. Der Unfall ist nicht zu verstehen.
(Francis Bacon im Gespräch mit Marguerite Duras, 1984)
 
Bodies and Accidents wurde in enger Zusammenarbeit mit der Perfomerin, dem Performer sowie der Musik-, Licht- und Kostümgestaltung entwickelt.
 
Bodies and Accidents: Trailer
Bodies and Accidents: Ausschnitt Over-Heads

Reviews:
corpusweb.net
tanzschrift.at

I don't remember this body

I don’t remember this body ist die erste Zusammenarbeit des Wiener Choreografen Georg Blaschke und des Medienkünstlers Jan Machacek. Als wesentliche Gestaltungsprinzipien setzen Blaschke und Machacek Schleifen und Wiederholungen von Bewegungsabfolgen ein, um den vertrauten Körper und den Raum abzutasten, zu vermessen und zu verfremden. Die Verflechtung von physischer Aktion mit Videomaterial spielt mit Phänomenen des Wiedererkennens, des Erinnerns oder der Neudeutung von Präsenz. Die Überlagerungen von realen Erlebnissen und projizierten Aufzeichnungen beschäftigen das Auge des Videokünstlers ebenso wie die Sinne des Performers, der die Kontinuität des eigenen Körpers befragt. Die beiden Künstler interessiert dabei vor allem der Moment, in dem man mit dem eigenen Medium an eine Grenze stößt, und wie diese Grenze zum Impulsgeber für eine Reaktion des anderen wird.
 
Die Premiere dieser Arbeit wurde 2017 eigens für den Galerieraum von Andrea Jünger in Wien anlässlich einer Ausstellung des renommierten österreichischen Malers Rudolf Goessl entwickelt. – Nun gestalten Blaschke, Machacek und ihr künstlerisches Team im Rahmen einer Wiederaufnahme eine spezielle Version zur Neueröffnung der brut-Spielstätte in der Zieglergasse.
 
PRESSESTIMMEN:
„[…] Hier tanzen die virtuellen Bilder über die analogen, als ob diese wirklicher wären als jene, nur weil sie den Triumph ihres Aufblitzens, Dahinflimmerns und Simulierens ausspielen können. Der Körper des aus dem Apparat gespeisten Gespensts kann sich nicht erinnern – und er ist von dem, den er wiedergibt, vollständig getrennt. Das wird besonders gut nachvollziehbar, wenn Georg Blaschke ein – erstaunliches – Duett mit dem Wiedergänger tanzt. […] Die Trinität Blaschke, Machacek und Goessl macht sich nicht lustig über die Einbildung, das Abbild, der virtuelle Wiedergänger und die digitale Manipulation des Körpers wären ein Hintertürl ins ewige Leben. Sondern fegt sie in aller Härte und Souveränität vom Tisch.“

Helmut Ploebst/derStandard/Gesamte Kritik unter: derstandard.at/
 
“[…] Die dramaturgisch stringent in mehrere Sequenzen, die ineinander übergehen, einander fast „logisch“ folgen, unterteilten Dialoge zwischen sich im Raum bewegenden „Live“-Körper und dessen „projizierten Aufzeichnungen“ lassen die „Verflechtung von physischer Aktion mit Videomaterial“  zu einem beeindruckenden Wechselspiel von Impuls und Reaktion, Beobachtung und Einflussnahme, Abhängigkeit und Grenzüberschreitung werden. […] Die folgenden Passagen dieses Abends nehmen immer wieder Bezug auf Fragen nach dem, was der Körper be-wirken kann, wo er an seine Grenzen stößt, oft nahezu gewalttätig, sich verrenkend, selbstverletzend den Raum in und um sich zu weiten, von sich abzurücken versucht. Wann er selbst, der Körper des Choreografen, des Tänzers, zum Objekt wird, zum Beobachter, ja, auch zu einer Kopie. Wann beginnt was? Die Entscheidungen fallen im Laufe des Abends immer schwerer, während die Performance kontinuierlich mehr in ihren Bann zieht.“
Angela Heide/tanzschrift/Gesamte Kritik unter: www.tanzschrift.at/